Wollen sich Ehepartner mit Wohnsitz im Ausland oder unterschiedlicher Staatsbürgerschaft in Deutschland scheiden lassen, kommen vorab Fragen auf. Der Scheidungsantrag muss beim zuständigen Gericht eingereicht werden – doch sind deutsche Gerichte überhaupt für internationale Scheidungen zuständig und welches Scheidungsrecht wird angewendet?
- Zuständigkeit der Gerichte innerhalb der EU
- Zuständigkeit der Gerichte außerhalb der EU
- Scheidungsrechtswahl in der EU
- Wenn die ROM III-Verordnung nicht greift
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Zuständigkeit der Gerichte innerhalb der EU
Die Brüssel IIa-Verordnung regelt die Zuständigkeit der Gerichte in Ehesachen für alle EU-Mitgliedstaaten bis auf Dänemark. Aus Artikel 3 der Verordnung ergeben sich drei relativ unproblematische Fälle – demnach sind deutsche Gerichte:
- Zuständig, wenn beide Ehepartner die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Der Wohnort ist dabei unbeachtlich;
- Zuständig, wenn beide Ehepartner ihren gewöhnlichen Aufenthalt – das heißt ihren Wohnort und Lebensmittelpunkt – in Deutschland haben. Dabei spielt wiederum die Staatsbürgerschaft keine Rolle.
- Nicht zuständig, wenn beide Ehepartner im Ausland leben und nicht deutsche Staatsbürger sind.
Komplizierter wird es, wenn ein Ehepartner in Deutschland und einer im Ausland lebt. Artikel 3 legt dazu fest:
- Die Gerichte eines Staates sind zuständig, wenn die Ehepartner dort zuletzt beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten und einer der Partner dort noch lebt.
- Außerdem ist ein Staat zuständig, wenn der Antragsgegner dort ansässig ist – also der Ehepartner, gegen den der Scheidungsantrag gerichtet ist.
- Zuletzt kann ein Staat auch zuständig sein, wenn der antragstellende Ehepartner dort bereits seit einem Jahr ansässig ist. Hat der Antragsteller zusätzlich die Staatsangehörigkeit des Landes, muss er nur sechs Monate dort ansässig gewesen sein.
Zuständigkeit der Gerichte außerhalb der EU
Bei Auslandsbezug zu einem Staat außerhalb der EU richtet sich die Zuständigkeit der Gerichte nach den jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften. Im deutschen Recht finden sich dazu in § 98 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen (FamFG) Regelungen. Danach sind deutsche Gerichte für eine Scheidung zuständig, wenn:
- ein Ehegatte Deutscher ist oder es bei Eheschließung war,
- beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben,
- ein Ehegatte staatenlos ist, mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland,
- ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat – es sei denn die zu fällende Entscheidung wird voraussichtlich nach dem Recht beider Staaten der Ehepartner nicht anerkannt.
Scheidungsrechtswahl in der EU
Unabhängig von der Zuständigkeit des Gerichts stellt sich die Frage, welches Scheidungsrecht anzuwenden ist. Entscheidend ist, welche Staaten durch Staatsangehörigkeit und Wohnort der Parteien an der Scheidung „beteiligt“ sind.
Für die 17 EU-Staaten Belgien, Bulgarien, Deutschland, Estland, Frankreich, Griechenland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Österreich, Portugal, Rumänien, Slowenien, Spanien und Ungarn gilt die sogenannte ROM III-Verordnung. Nach Artikel 5 der Verordnung haben Paare aus diesen Staaten die Wahl, welches Scheidungsrecht in ihrem Fall angewendet werden soll. In Betracht kommt:
- das Recht des Staates, in dem die Paare ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
- oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Vergangenheit hatten, sofern einer der Ehegatten dort noch wohnt,
- das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehepartner besitzt,
- das Recht des Staates des angerufenen Gerichts.
Die Rechtswahl muss schriftlich erfolgen und in Deutschland notariell beurkundet werden. Treffen die Ehegatten keine Auswahl, so legt Artikel 8 der Verordnung das anzuwendende Recht fest. Demnach kann angewendet werden:
- Das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
- Das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern dieser nicht vor mehr als einem Jahr vor Anrufung des Gerichts endete und einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte,
- Das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts besitzen, oder
- Das Recht des Staates des angerufenen Gerichts.
Wenn die Rom III-Verordnung nicht greift
Doch welches Scheidungsrecht ist anzuwenden, wenn einer der übrigen zehn EU-Staaten beteiligt ist – also Dänemark, Finnland, Irland, Kroatien, die Niederlande, Polen, Schweden, die Slowakei oder Zypern? In diesem Fall finden die Regelungen der ROM III Verordnung keine Anwendung. Stattdessen wird nach dem sogenannten internationalen Privatrecht entschieden, welches Scheidungsrecht anzuwenden ist.
In Deutschland finden sich solche Sonderregelungen zu internationalen Scheidungen im Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB). Artikel 17 EGBGB legt fest, dass auch bei Scheidungen, auf welche die ROM III-Verordnung nicht angewendet werden kann, deren Regelungen zur Rechtswahl unter Einschränkungen anwendbar sind. Den Ehepartnern steht also auch dann eine eingeschränkte Rechtswahl zu, welches Scheidungsrecht angewendet werden soll. Einschränkungen und Besonderheiten zur ROM III-Verordnung sind dabei unter anderem:
Die Ehepartner können sich nicht auf das Recht des Staates des angerufenen Gerichts berufen.
Für den spätmöglichsten Zeitpunkt der Rechtswahl ist nicht die Anrufung des Gerichts, sondern der Zeitpunkt der Einleitung des Scheidungsverfahrens maßgeblich.
Treffen die Ehepartner keine Rechtswahl, so bestimmt sich das geltende Scheidungsrecht ebenfalls nach Art. 8 der Rom III-Verordnung (s.o.). Allerdings kann auch dabei nicht auf das Recht des angerufenen Gerichts zurückgegriffen werden. Stattdessen kommt das Scheidungsrecht des Staates in Betracht, mit dem die Ehegatten im Zeitpunkt der Einleitung des Scheidungsverfahrens zum Beispiel mit Blick auf Sprache, Religion, oder Kultur gemeinsam am engsten verbunden waren.
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